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Schulmediation - was ist das?



In der Schule hat sich im Lauf der Zeit viel verändert. Vom einstmals autoritären, hierarchischen System erfolgte die Entwicklung in Richtung einer demokratischen, partnerschaftlichen Institution. Bildung bedeutet heute nicht mehr allein Wissensvermittlung; Demokratie, Emanzipation, soziales Lernen, Team- und Projektarbeit sind nur einige Schlagworte heutiger Lernziele.

Mit diesen zusätzlichen Aufgaben und dem, nicht kleiner werdenden Wissensberg, den es zu vermitteln gilt, sind Lehrer und Lehrerinnen oftmals überfordert. Und auch im Umgang mit Konflikten hat sich an den Schulen einiges verändert: Störungen, egal welchen Grades, müssen behoben, gelöst, behandelt und geklärt werden, damit Platz geschaffen wird für gute Verständigung und für das Lernen. Die Existenz von VertrauenslehrerInnen, BeratungslehrerInnen oder PsychagogInnen beweist zusätzlich, daß Probleme, von welcher Seite auch immer sie kommen, in unserer heutigen Schule ernst genommen werden.

Aber auch eine zweite Überzeugung wird dadurch dokumentiert: Daß nämlich im System Schule bereits die Meinung vertreten wird, daß es in gewissen Fällen hilfreich sein kann, sich an jemanden zu wenden, der nicht unmittelbar am Konflikt beteiligt ist.
Die Methode der Mediation ist in Österreich noch relativ neu, ihre Einsatzmöglichkeiten im System Schule beginnen sich gerade erst herauszukristallisieren.

Wörtlich aus dem Amerikanischen übersetzt bedeutet "mediation" "Vermittlung". Gemeint ist die Vermittlung in Streitfällen durch unparteiische Dritte, die von allen Seiten akzeptiert werden. Die vermittelnden MediatorInnen helfen den Streitenden, eine einvernehmliche Lösung ihrer Probleme zu finden. Aufgabe der MediatorInnen ist es nicht, einen Schiedsspruch oder ein Urteil zu sprechen. Vielmehr liegt es an den Konfliktparteien selbst, eine ihren Interessen optimal entsprechende Problemlösung zu erarbeiten. Ziel ist eine Vereinbarung, die alle Konfliktparteien akzeptieren können und umsetzen.

Mögliche Anwendungsbereiche der Mediation sind alle Konfliktsituationen zwischen zwei oder mehr Parteien, bei denen der Wunsch nach Konfliktlösung besteht und wo freiwillig einem solchen Verfahren zugestimmt wird. Am häufigsten ist die Scheidungsmediation, auch Wirtschaftsmediation oder Umweltmediation werden praktiziert.

Weiteres, noch eher unerschlossenes Anwendungsgebiet ist die Schulmediation. Der Grundgedanke dabei ist, daß das Erlernen eines konstruktiven Umganges mit Konflikten bereits ab dem Volksschulalter anzustreben ist. Für viele Kinder und Jugendliche ist Gewalt das einzige Mittel, um Probleme zu lösen. Sie tun das nicht nur, weil sie Gewalt vielleicht gut finden, sondern weil sie meist keine andere Möglichkeit zur Beilegung eines Streites kennen. Bekommen Kinder und Jugendliche jedoch Anleitung zu einem anderen, gewaltfreieren Umgang miteinander, sind sie sehr wohl in der Lage, sich in Konflikten konstruktiv zu verhalten und ihre Probleme untereinander zu regeln, wie bisherige Erfahrungen zeigen. Nicht der Konflikt ist das eigentliche Problem, sondern die Art und Weise, wie damit umgegangen wird.

Mögliche Konfliktbereiche im Kontext "Schule" gibt es zahlreiche: Streitereien zwischen SchülerInnen, Konflikte zwischen Eltern und LehrerInnen oder dem/der DirektorIn, Probleme innerhalb des LehrerInnenteams oder zwischen diesem und dem/der DirektorIn - das größte Konfliktpotential steckt jedoch wahrscheinlich zwischen SchülerInnen und LehrerInnen. Dieses Feld stößt jedoch auf methodische Schwierigkeiten. Ist es doch ein Grundsatz der Mediation, nur zwischen PartnerInnen auf gleicher Ebene zu vermitteln. Hier wäre es notwendig, Methoden zu entwickeln, um auch auf diesem wichtigen Gebiet erfolgreich arbeiten zu können.

Es gibt mittlerweile in mehreren Schulen Mediationsprojekte, die hauptsächlich die Vermittlung bei Konflikten zwischen SchülerInnen zum Inhalt haben. Es werden dabei aus jeder Schulklasse SchülerInnen, die sich dafür gemeldet haben, in einem speziellen Training von MediatorInnen zu "StreitschlichterInnen" oder "Konfliktlotsen" - mit Einverständnis der Eltern - ausgebildet. Inhalte dieser Trainings, die ca. 3 Monate dauern, sind Kommunikationstrainings, Rollenspiele etc. Wichtig ist es auch, einen organisatorischen Rahmen (Raum, Zeitregelung,... ) zur Abhaltung der Schlichtungen zu definieren.

Nach Abschluß dieser Trainings können die Streitschlichter ihre Arbeit aufnehmen. Sie werden dabei zunächst noch durch die MediatorInnen, die das Training durchgeführt haben, unterstützt. Erfahrungen, vor allem in Deutschland, haben gezeigt, dass die SchlichterInnen sehr verantwortlich mit ihrer Aufgabe umgehen. Dienstpläne werden eingehalten, für Vertretung wird gesorgt, wenn jemand kurzfristig verhindert ist. SchülerInnen, die in der Streitschlichtung eine Lösung gefunden haben, gehen sehr beruhigt in den Klassenraum zurück und können sich meist schnell wieder auf den Unterricht einstellen. Es ist sehr selten, dass dieselben Schüler, die einen Streit erfolgreich gemeinsam gelöst haben, noch einmal in einen schweren Konflikt geraten. Streitschlichter erzählen, dass sie ein anderes Bewusstsein für Streitigkeiten bekommen haben und sich besser in der Lage fühlen, Streitigkeiten im außerschulischen Bereich zu lösen.

© B. Kral/Zentrum Rodaun

 

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